In unserer Schulgemeinschaft gibt es ziemlich seltene Hobbies – dazu zählt beispielsweise Trainspotting. Im Interview mit Marius erfahrt ihr mehr über seine Leidenschaft, Züge zu fotografieren, ob er einen Lieblingszug hat und warum er im Sommer unbedingt nach Berlin fahren wollte.
`ka:os: Lieber Marius du bist seit einigen Jahren „Trainspotter“. Erkläre uns unbedarften Leser:innen, was Trainspotting überhaupt ist. Ich dachte, Züge zu fotografieren, sei nur ein Hobby von alten, zugaffinen Ex-Eisenbahnern? Oder hältst du es ganz frei nach Loriot – ein Leben ohne Züge ist möglich, aber sinnlos?
Marius: Trainspotting ist ein Hobby, in dem man Schienen-Fahrzeuge aller Art fotografiert. Egal, ob mit einfachem Handy oder professionell mit Kamera. Dass Trainspotting ein Hobby ist, was nur alte Leute haben, wag‘ ich zu bezeifeln, da ich viele sympatische junge Leute kenne, die dieses Hobby haben und Spaß daran haben. Aber es stimmt, dass auch viele ältere Leute dieses Hobby haben. Ich schätze, dass viele Tausende junge Leute gerne dieses Hobby betreiben und solange man Spaß daran hat.. Warum sollte man dann sowas nicht machen?.
`ka:os: Warum bist du Trainspotter geworden? Woher rührt diese Leidenschaft?
Marius: Ich habe im Musikuntericht in der 6. Klasse, als mir langweilig war, Bilder gemalt, da ich oft mit der Straßenbahn zur Schule fahre und mich damit schon öfters auseinandergesetzt habe, waren es vor allem Straßenbahnbilder, die ich gemalt habe. Später habe ich diese auf Instagram veröffentlicht, da ich die Bilder garnicht so schlecht fand und sie teilen wollte. Irgendwann habe ich dort auch mal Straßenbahnbilder aus der realen Welt hochgeladen und schließlich sind daraus Eisenbahnaufnahmen geworden. Irgendwann habe ich hierfür eine Kamera bekommen und dies dann auch professionell umgesetzt. Die Inspiration kommt wahrscheinlich von meinem Vater, da er als Lokführer bei DB Cargo arbeitet. Auch er hat in seiner Jugend das Hobby in kleinem Maße ausgeführt.
`ka:os: Wie lange beobachtest und fotografierst du schon Züge?
Marius: Mit den Straßenbahnbildern auf Instagram habe ich im Sommer 2018 angefangen und mit Kamera mache ich dieses Hobby seit Anfang 2019.
`ka:os: Was ist dein Lieblingszug?
Marius: So genau kann man das nicht sagen, es gibt verschiedene Baureihen, die besonders schnell unterwegs sind oder eine besondere Technik haben, die sich von anderen Fahrzeugen unterscheidet. Was bei manchen Baureihen auch besonders ist, ist der Sound. Denn der klingt oft ein wenig wie eine Tonleiter. Ich habe drei Baureihen mit denen ich besonders gerne unterwegs bin oder die ich auf Bildern sehr schön finde. Allerdings kann wahrscheinlich niemand etwas mit den Bezeichnungen anfangen. Die Br 423 ist eine S-Bahn und hat beim Anfahren einen interesannten Sound. Die Baureihe 420 ist auch eine S-Bahn, ist etwas älter und hat eine interessante Form. Deswegen kann man mit ihr schöne Fotos machen. Zu guter letzt die Baureihe 402, die ist ein ICE und hat besondere technische Merkmale, die sich von anderen ICEs unterscheidet.
`ka:os: Wie viele Züge hast du bisher fotografiert?
Marius: Das kann ich auch nicht genau sagen. Auf meiner Festplatte sind ca. 60.000 Bilder und aus jeder Ecke von Deutschland habe ich irgendwas.
`ka:os: Warum reist du Zügen hinterher, um sie zu fotografieren?
Marius: Ich würde nicht sagen, dass ich den Zügen hinterher reise, denn warum ich durch Deutschland mit dem Zug unterwegs bin, liegt daran, dass es einfach Spaß macht, zu reisen und neue Orte zu erkunden. Was der Reiz daran ist, dieses Hobby zu betreiben, ist nämlich die Welt ein wenig besser zu verstehen und zwar die Welt des Zugbetriebes. Es ist ein riesiges komplexes System und es ist sehr interessant, jeden Tag mehr über dieses System zu erfahren. Außerdem lernt man ständig neue Leute kennen, die dieselbe Leidenschaft wie du haben. Ein kleiner Vorteil, den ich dadurch habe, ist, dass ich fast immer den günstigsten Preis für eine Bahnfahrt finde.
`ka:os: Warum seid ihr nach Berlin gefahren im Sommer 2020 und was war das Besondere an dieser Resie?
Marius: Hintergrund für die Reise im Sommer war die Messe InnoTrans. Diese fiel corona-bedingt leider aus. Wir bekamen stattdessen von unserem Sozialkunde-Lehrer den Auftrag, das politische Berlin fotografisch einzufangen und anschließend in der Schule in den Obergruppe einen Vortrag mit Präsentation über die Verfassungsorgane der BRD zu halten. Das Besondere daran war, dass Florian und ich mitten in der Nacht los sind und somit 12 Stunden Zeit in Berlin hatten. Insgesamt waren wir an dem Tag fast 20 Stunden unterwegs.
`ka:os: Da habt ihr eure Zeit wirklich intensiv genutzt. Sag mal, was mir nicht aus dem Kopf geht: Ist es nicht etwas gefährlich, an Zugstrecken zu stehen und Fotos zu schießen? Gibt es da Regeln zu beachten – für dich persönlich und von Seiten der Bahn?
Marius: Gefährlich wird es erst, wenn man Regeln missachtet und/oder zu nah an die Gleise geht und ja, auch solche Leute gibt es, die die Regeln komplett misachten und viel zu nah am Gleis stehen. Allerdings gibt es auch Bahnmitarbeiter:innen, die uns durch solche Leute nicht besonders mögen. Von seitens der Bahn ist das Fotografieren gestattet. Allerdings gibt es Regeln, z.B. am Bahnsteig darf man beispielsweise kein Stativ aufstellen.
`ka:os: Haben eigentlich noch andere an der Schule dieses ausgefallene Hobby?
Marius: Ja, hierzu gehört Florian, der das Hobby seit Mai 2019 mit mir betreibt. Auch er hatte davor schon Intresse am Eisenbahnbetrieb und dadurch, dass er erfahren hat, dass ich sowas mache, hat er auch Lust bekommen auf dieses Hobby.
`ka:os: Könntest du dir vorstellen, auch später beruflich etwas mit Zügen zu machen?
Marius: Ja, auf jeden Fall. Durch meine Erfahrungen in diesem Bereich habe ich ein großes Intresse an Jobs im Eisenbahnverkehr. Was ich anstrebe, ist, Triebfahrzeugführer zu werden.
`ka:os: Danke für dieses aufschlussreiche Gespräch und alles Gute weiterhin beim Trainspotting.
Übrigens: Marius und Florian sind zwei unter vielen Eisenbahnbegeisterten, die gern Züge fotografieren, sich an ihrem Äußeren, ihrem Klang und ihrer Geschichte erfreuen. Es gibt aber auch Zugbegeisterte, die besondere oder thematisch spannende Zugstrecken fahren und dafür in einzigartige Züge steigen wie zum Beispiel in den Rotkäppchen-Express oder in die Oberweißbacher Bergbahn. Hier könnt ihr mehr über diese Bahn-Nostalgie in Thüringen erfahren.