Interview mit einem Umweltschützer

Viele an unserer Schule haben Angst vor den Folgen des Klimawandels und fragen sich, ob es überhaupt eine Möglichkeit gibt den Klimawandel zu stoppen und wie wohl ihre Zukunft (und die Zukunft ihrer Kinder) auf diesem Planeten aussehen würde. Dazu habe ich meinen Opa, Wolfram Hädicke interviewt, der sich sein ganzes Leben lang als Umweltschützer gegen den Uranabbau in Probstzella eingesetzt hat und habe ihn gefragt, was er uns Schüler*innen empfehlen würde, was wir gegen den Klimawandel tun könnten.

Wolfram Hädicke, geb.1953 in Jena, Abitur mit Berufsausbildung (Elektromechaniker) bei Zeiss, Theologiestudium an der FSU, Pfarrer in Probstzella (Sperrgebiet), Ronneburg, Meiningen und Köthen. 4 Kinder und 4 Enkelkinder. Seit 2018 Ruhestand. Seit 1988 engagiert im Umweltschutz. Sprecher einer Bürgerinitiative gegen Uranabbau in Ronneburg. Als Sachverständiger eingeladen in den Thür. Landtag und den Umweltausschuss des Bundestages.  Engagement in der Anti-Atom-Bewegung, der kirchlichen Umweltbewegung und im BUND.


Was genau ist damals in der DDR passiert?

Die Sowjetregierung hatte nach dem 2. Weltkrieg das Ziel, so schnell wie möglich Uran für das atomare Wettrüsten zu gewinnen. Dazu gründete sie in der DDR das Bergbauunternehmen Wismut. Zunächst im Erzgebirge und dann in Ronneburg/Ostthüringen wurde Uran gefördert. Dies geschah ohne Rücksicht auf die Natur und die Gesundheit. Es war nicht nur das größte Uranunternehmen Europas, sondern wurde auch zum größten ökologischen Schadensfall. Am Ende gab es über 8000 anerkannte strahlenbedingte Todesfälle unter den Beschäftigten.

Wolfram Hädicke, Umweltschützer

Wie kamst du darauf, dich als Umweltschützer gegen den Uranabbau einzusetzen, trotz der Stasi?

Als ich mit meiner Familie 1988 nach Ronneburg zog, waren die Schäden unübersehbar: am Stadtrand ein 200 m tiefer Tagebau, riesige Halden und Schlammdeponien und überall der schwarze, strahlende Staub und Schlamm. Die Vermutung lag nahe, dass das alles krank macht. Über alldem lag der Schleier von Geheimhaltung. Doch die Bürger wollten zunehmend Transparenz und die Perspektive einer sauberen Umwelt. Vor diesem Hintergrund habe ich im Herbst 1988 zur Gründung eines Umweltkreises aufgerufen. Wir wollten hinter den Schleier schauen und die Verantwortlichen bewegen, sich für Umweltschutz einzusetzen.

Rasch kam ich dadurch in die Beobachtung der Stasi. Sie wollten, dass ich Ronneburg wieder verlasse und so haben sie mich als operativen Vorgang in die höchste Bearbeitungsstufe eingeordnet. Verschiedene Spitzel waren auf mich angesetzt. Ich wurde als Staatsfeind bezeichnet. Mein Sohn wurde in der Schule gemobbt.

Wolfram Hädicke, Umweltschützer

Wurde der Uranabbau dann eingestellt?

Zum Glück kam 1989 im Herbst die politische Wende. Jetzt durften wir die Probleme offen beim Namen nennen. Auf unsere Forderungen wurde teilweise eingegangen. Ein Jahr später wurde der Uranabbau eingestellt doch die Sanierung der Schäden dauert bin in die Gegenwart an. Über 7 Mrd. Euro hat die Sanierung bis heute gekostet. Meine Freunde führen die Umweltarbeit bis heute weiter.

Wolfram Hädicke, Umweltschützer

Wofür hast du dich in den vergangenen Jahren eingesetzt?

Als Klimaaktivist würde ich mich nicht bezeichnen. Zwar war schon vor 40 Jahren unter Umweltengagierten bekannt, dass ein Klimawandel begonnen hat und dass dementsprechend der CO2 Ausstoß verringert werden müsste, aber die Umweltprobleme waren in der DDR so gewaltig, dass das Engagement sich zunächst den sichtbaren Schäden zugewandt hat. Nach unserem Wechsel nach Meiningen habe ich mich im Rahmen des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) als stellv. Kreisvorsitzender für lokale Themen eingesetzt, wie den Waldumbau und gegen Verkehrsprojekte. Doch immer wichtiger wurde für mich das globale Thema Erderwärmung durch den Treibhauseffekt infolge der Freisetzung klimaschädlicher Gase. Auch in der Anti-Atom-Bewegung habe ich mich weiter engagiert. Heute geht es darum, bekannt zu machen, dass die Atomtechnologie keine Lösung für unsere Energieprobleme darstellt. In jüngster Zeit habe ich mich mit den negativen Folgen elektromagnetischer Felder auf die Biosphäre beschäftigt (Handystrahlung) und für den Schutz der Elbe als frei fließenden Fluss engagiert. Die Aktivitäten von Fridays for Future habe ich unterstützt.

Wolfram Hädicke, Umweltschützer

Was würdest du Schüler*innen empfehlen, wie sie sich einbringen und engagieren könnten, um die Natur zu retten? Hast du Tipps für sie, wie sie gute Klimaaktivisten & Umweltschützer sein/werden können?

Weil die Natur keine Stimme hat, müssen wir ihr unsere Stimmen leihen. Das geschieht am besten in Organisationen, die über entsprechendes Fachwissen verfügen und die gesellschaftliche Einflussmöglichkeiten haben. Das sind die großen Umweltschutzorganisationen wie z.B. BUND, NABU, Greenpeace, WWF aber auch Fridays for Future und lokale Bürgerinitiativen. Wichtig ist, dass die Vielfalt der Probleme im Blick behalten wird und der Widerstand gewaltlos geschieht. Man muss versuchen die Menschen für Klimaschutz zu gewinnen und darf sie nicht verärgern, wie es die Aktivisten von der Letzten Generation gegenwärtig tun.

Wolfram Hädicke, Umweltschützer

Hier sind ein Paar Organisationen in denen du dich engagieren kannst:

BUNDjugend – How to mitmachen

Greenpeace jugend – engagieren

NAJU – für Jugendliche (über 13 Jahre)

NAJU – für Kinder (bis 13 Jahre)

Friday’s for Future – Mitmachen

WWF jugend – Aktionen

UNICEF – Mitmachen


Was wünschst du dir für die kommenden Generationen, die mit den Folgen des Klimawandels leben werden?

Es geht schon längst um eine Klimakatastrophe, die das Leben auf unserem Planeten grundlegend verändert. Ich habe es am Schwund der Gletscher in den Alpen seit Jahren beobachtet. Die Wissenschaft spricht vom Anthropozän (griechisch: anthropos=Mensch) als einem neuen Erdzeitalter. Es ist dadurch gekennzeichnet, dass der Mensch in seinem Drang die Natur zu beherrschen, nun unumkehrbar die Balance der Schöpfung und das Netz des Lebens zerstört. Es braucht für die Zukunft Respekt vor allem Lebendigen und den staunenden Blick auf diesen wunderbaren Planeten, der so beschaffen ist, dass er das Wunder des Lebens ermöglicht.

Wolfram Hädicke, Umweltschützer

Herr Hädicke, vielen Dank für das Gespräch. 🙂


Beitragsbild ist von Pexels

Bild von Wolfram Hädicke – Rechte: W. Hädicke

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