Das politische System des Iran – vor und nach 1979

Gastbeitrag von Jana (11s)

In der Islamischen Republik Iran starb am 16. September 2022 Jina Mahsa Amini in Polizeigewahrsam. Dies führte zu massiven Protesten gegen das Mullah1-Regime. In den sozialen Netzwerken gibt es unzählige Videos und Bilder von Demonstrierenden, vor allem Frauen. Sie schneiden sich vor der Kamera die Haare ab, nehmen ihr Kopftuch ab oder stehen einfach nur mit wehenden Haaren und in die Luft gestreckter Faust da.

Das republikanische und theokratische Regime, gegen welches sie rebellieren, wurde am 1. April 1979 gegründet. In diesem hat der religiöse Führer die zentrale Machtposition. Viele Entscheidungen kann der Staatspräsident nur mit der Zustimmung des religiösen Führers treffen. Außerdem ist er Oberbefehlshaber der Armee, steht dem nationalen Sicherheitsrat vor, kann den Staatspräsidenten absetzen, ernennt den Justizchef und kann den staatlichen Rundfunk kontrollieren. Der aktuelle Führer ist Ayatollah2 Ali Chamenei.

Wählbar im Iran sind das Parlament und der Präsident. Allerdings gibt es einen sogenannten Wächterrat als Kontrollinstanz. Dieser ist dafür zuständig, die Kandidaten des Präsidentensitzes zur Wahl zuzulassen und alle Gesetzesentwürfe und Parlamentsbeschlüsse dahingehend zu überprüfen, ob sie mit den islamischen Werten vereinbar sind. Das Parlament besteht nur aus einzelnen Personen, es gibt keine Parteien. Die Mitglieder des Wächterrates werden zur Hälfte vom religiösen Führer ernannt und zur anderen Hälfte vom iranischen Justizchef, welcher wiederum vom religiösen Führer ausgewählt wird (vgl. Shabnam von Hein).

Kann sich der Wächterrat und das Parlament nicht einigen, so vermittelt der Schlichtungsrat. Dieser soll zudem auch die „Gesamtinteressen des Systems“ bewahren und wird ebenfalls vom religiösen Führer bestimmt (vgl. Auswertiges Amt). Theoretisch soll der religiöse Führer vom sogenannten Expertenrat gewählt und überwacht werden. Allerdings müssen auch die Kandidaten für diese Gewalt des Staates vom Wächterrat bewilligt werden (vgl. Shabnam von Hein).

Zwischen dem ersten Weltkrieg, der folgenden Besatzung und der iranischen Revolution 1979 war der Iran ein Schah3-Regime. Dieses wurde von dem Schah Mohammed Rezas regiert. Der Schah versuchte bis 1962 das Land etwas zu demokratisieren, scheiterte aber und ernannte sich letztendlich zum Alleinherrscher. Er verfolgte seine eigenen „Entwicklungsprogramme“, welche sich an Europa und USA orientierten, und ließ Unruhen und Widerstände gewaltsam niederschlagen. Teile seines „Entwicklungsprogrammes“ waren z.B. säkulare4 Bildungsinhalte für die ländliche Bevölkerung und die Einführung des Frauenwahlrechts. Diese Vorhaben missfielen vor allem dem schiitischen Klerus5 (vgl. Monika Gronke).

Im Januar 1978 erschien in einer Teheraner Tageszeitung ein Artikel, in dem Chomeini extrem beleidigt wurde, was zu vielen Demonstrationen führte. Daraufhin schaukelten sich die Ereignisse hoch. Der Schah verfolgte keine konsequente Politik mehr und gab öffentlich zu, dass Teile der Regierung korrupt und grausam seien. Daraufhin verlor er auch den Rückhalt der Armee, bis er im Februar 1979 aus seinem eigenen Land fliehen musste. Daraufhin gründete Ajatollah Ruholla Chomeinei die Islamische Republik Iran (vgl. Monika Gronke).

Kommentar

Nach meinem Verständnis sind die Wahlen Scheinwahlen, um einen demokratischen Eindruck zu machen. Wenn man aber genauer hinschaut, sieht man, dass alles zu einer Machtposition, einem mächtigen Menschen zusammenläuft, der von keiner anderen, unabhängigen Instanz kontrolliert wird. Ich finde, dass sich der Staat durch die Revolution 1979 zurückentwickelt hat. Das Schah-Regime war ein diktatorisches Regime, aber Mohammed Rezas hatte freiheitlich Ansätze, wie zum Beispiel das Frauenwahlrecht, und eine Politik, welche vom Glauben getrennt ist. Dies waren gute Ansätze, welche über die Zeit hätten weiterentwickelt werden können. Durch Ayatollah Chomeinei wurde der Iran zu einem theokratischen Regime. Dieses ist hinsichtlich der Verbote, vor allem im Privatleben, noch strenger und extremer als das Schah-Regime. Es macht mich wütend, dass vor allem Gewalt und Diskriminierung, aber auch andere menschenrechtsverletzende Handlungen mit einer Religion begründet und gerechtfertigt werden.

1 umgangssprachlicher Titel für islamischen Religionsgelehrten (vgl. collins dictionary)

2 =“Zeichen Gottes“, ein hoher religiöser Titel (vgl. Monika Gronke)

3 (persischer) Herrscher (vgl. dwds)

4 “Weltliche”, Nicht-Zugehörigkeit zur Kirche (vgl. neueswort.de)

5 Gesamtheit der Geistlichen (vgl. dwds)

Quellen:

Quellen für Wortdefinitionen:

„Frau, Leben, Freiheit“ (persisch: زن زندگی آزادی Zan, Zendegi, Āzādi, kurdisch: ژن، ژیان، ئازادی Jin, Jiyan, Azadî) – der Slogan der Protestbewegung im Iran für Frauen- und Menschenrechte und das Recht auf ein freies Leben

Gastbeitrag von Lorenz (10b)

Die meisten von uns haben von den Protesten im Iran gehört. Was viele aber nicht wissen ist, dass Frauen vor 1979 mehr Rechte im Iran genießen konnten. Frauen hatten z.B das Recht zu
wählen oder das Recht auf Abtreibung. Jedoch wurden einige dieser, zu der Zeit
fortschrittlichen, Gesetze wieder abgeschafft. Das wirft die Frage auf: Wie ist das politische
System im Iran aufgebaut und was hat sich geändert?

Der Iranische Staat war von 1906 bis 1979 eine konstitutionelle Monarchie, die nach dem
Prinzip der Gewaltenteilung organisiert war, das heißt es gibt eine Legislative – iranisches
Parlament, Exekutive – Schah und Jurisprudenz (Vgl. Q1). Es gab eine Verfassung, welche die Rolle des Schahs, der Minister und der beiden parlamentarischen
Kammern fest definierte (Vgl. Q1). Die beiden Kammern nannte man Madschles und Senat.
Die Abgeordneten des Madschles wurden vom Volk gewählt, währenddessen die
Abgeordneten des Senats zu einer Hälfte gewählt wurden und zur anderen Hälfte vom Schah
ernannt worden (Vgl. Q1). Der Schah stand an der Spitze der Exekutive, er hatte das Recht,
den Minister zu ernennen und zu entlassen.

Den Iran, den wir heute kennen, ist eine präsidentielle Republik (Vgl. Q2). Das politische System des Iran heutzutage enthält demokratische und theokratische (religiöse) Elemente. Die höchste Macht hat der Oberste Führer, Ajatollah Ali Chamenei, welcher den Oberbefehl über die Armee hat aber auch den Obersten Richter ernennen kann. Der Oberste Führer ist auf Lebenszeit gewählt und steht laut der Verfassung sogar über dem Gesetz. Dennoch gibt es einen Präsidenten, Ebrahim Raisi, welcher vom Volk alle vier Jahre gewählt wird. Der Präsident hat die Aufgabe Kandidaten für das Ministeramt vorzuschlagen und Stellvertreter, die jeweils für einen Politikbereich zuständig sind zu wählen (Vgl. Q3).
Dann gibt es noch einen Wächterrat, welcher die Vereinbarkeit von Gesetzen mit dem Islam
(Glauben) und der Verfassung überprüft, dieser Rat besteht aus zwölf Mitgliedern, wovon
sechs vom Obersten Führer ernannt werden und weiteren sechs, welche vom Chef der
iranischen Justiz ernannt werden. Außerdem gibt es noch eine Expertenversammlung, welche
aus 86 vom Volk gewählten Geistlichen besteht (Vgl. Q3). Diese Versammlung wird alle acht
Jahre durch allgemeine Wahlen gewählt, ihre Aufgabe ist es den Obersten Führer zu wählen
und die Einhaltung der Verfassung zu kontrollieren. Diese Versammlung hat theoretisch auch
das Recht den Obersten Führer abzuwählen. Das Parlament wird auch alle vier Jahre vom
Volk gewählt, über die Kandidatenliste bestimmt hier der Wächterrat. Das Parlament hat die
Aufgabe von Ausarbeitung von Gesetzen, welche wiederum vom Wächterrat gebilligt
werden müssen (Vgl. Q3). Es wurden außerdem Gesetze eingeführt, welche es verbieten
homosexuell zu sein, Frauen verpflichten ein Kopftuch zu tragen, Frauen verbieten in der
Öffentlichkeit zu singen oder zu tanzen, es allen Iranern verbietet Hunde zu halten und ein
Gesetz, welches besagt, dass die Aussage eines Mannes doppelt so viel wiegt wie die Aussage
einer Frau (vor Gericht) (Vgl. Q4). Dennoch wurde eine Sittenpolizei eingeführt welche auf
die Einhaltung dieser Gesetze achtet.

Kommentar
Fest steht: das politische System im Iran ein sehr verflochtenes System, wo der Oberste
Führer meiner Meinung viel zu viel Macht hat, da er sogar über dem Gesetz steht. Außerdem
kann der Oberste Führer alle seine Meinungen/Handlungen mit dem Glauben rechtfertigen.
Seit 1979 wurden immer mehr Gesetze geändert/eingeführt, welche immer mehr Frauenrechte aber auch andere Minderheiten ausgrenzen. Diese Gesetze sind meiner
Meinung nach äußerst unfair.


Quellenverzeichnis:
Q1: Politisches System des Iran vor 1979, Zugriff am 23.11.22
Q2: Iran, Zugriff am 23.11.22
Q3: Der Präsident ist nur die Nummer zwei, Zugriff am 23.11.22
Q4: Die neun schockierendsten Gesetze im Iran, Zugriff am 23.11.22

Bilder von Sima Ghaffarzadeh, lizenzfrei, pexels.com

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert