Von der ehemaligen stellv. Chefredakteurin Lilou
Kolumne (subjektiv)
Es war einmal an einem Freitagmorgen, an dem ich, da aktuell kein Computer frei war, schlechtgelaunt und übermüdet in ein Selbstgespräch vertieft war. Als ich mich gerade darüber echauffierte, dass diese Schule vermutlich die einzige auf Erden ist, die keine Schülerzeitung hat, meinte meine Banknachbarin, ich solle doch selbst eine gründen oder aufhören, mich aufzuregen. Hier ein guter Ratschlag: Trefft NIE an einem Freitagmorgen auch nur irgendeine Entscheidung, gerade wenn ihr übermüdet, schlechtgelaunt und etwas dickköpfig seit. Bei mir ist es noch halbwegs gut ausgegangen, aber ich will nicht wissen, was gewesen wäre, wenn ich mich über ein anderes Thema aufgeregt hätte. So nebenbei finde ich es etwas ironisch vom Universum, dass aus dem Frust über das Nicht-Vorhandensein eines Computers eine Online-Schülerzeitung entstanden ist.
Nun ja, für eine halbwegs ordentliche Schülerzeitung braucht man ja zu allererst jemanden, der das ganze Projekt mit Motivation angeht, der gerne schreibt und der den Leuten immer hinterher ist. Also nicht ich. Aber das menschliche Gegenteil von mir (Jule) saß zufälligerweise auch mit im Klassenraum, und zumindest nach etwas Überzeugungsarbeit meinerseits war sie auch gleich mit dabei. Als nächtes sind wir dann von Raum zu Raum gegangen (was total toll war, weil wir einfach so viele schreibbegeisterte Schüler haben, die sich gerne für ihre Schule engagieren würden), um ein paar Leute aufzutreiben, die bei diesem Wahnsinn mitmachen könnten. Aber schlussendlich hatten wir uns eine kleine (aber ganz tolle) Truppe zusammengeholt.
Dann konnten wir auch endlich damit loslegen, uns zu überlegen, wie die Zeitung gestaltet werden sollte (und ja, es ist toll, jemanden mit Visionen in der Gruppe zu haben, aber Jule musste öfters wieder auf den Boden der Tatsachen gebracht werden, da wir in ihrem Kopf auf eine amerikanische Highschool mit tausend sonstewas Schülern gehen, die alle gerne Zeitung lesen, und unsere Zeitung deshalb ihrer Meinung nach eine entsprechenden Größe haben sollte, was sich aber schnell mit der Frage „Wer soll das bitteschön machen?“ erübrigt hat).
Vielleicht sollte ich hier noch erwähnen, dass sie trotzdem über die Hälfte der Schülerzeitung ausmacht, was ich kurz mathematisch belegen will:
Wir haben bisher (Stand vor der 5. Ausgabe) 70 Artikel veröffentlicht.
36 davon hat Jule geschrieben, 35 wenn man den Aufruf für die Umfrage nicht mitzählt bzw. es sich einfacher macht. Das sind 350% mehr Artikel, als ich veröffentlicht habe und 50% der Gesamtsumme. Dazu muss man noch sagen, dass das nicht alles ist; sie plant die Ausgaben, leitet Meetings, behält alles im Überblick, designt die Ausgaben…
Nun stellen sich einem zwei Fragen: 1. Was nimmt sie? 2. Wie und wo bekomme ich das? Wobei… Ich könnte mir gut vorstellen, dass diese hohen Zahlen daher kommen, dass sie zwar gut schreiben kann, aber ihre Artikel nicht am Abend vor Veröffentlichung aus Versehen löscht, weswegen sie dann nochmal von vorn anfangen muss.
Was wirklich anstengend ist, ist ihr Perfektionismus. Ich weiß zum Beispiel nicht, wie lange wir letztendlich an diesem Websitendesign saßen. Insgesamtes Zeitinvestment wahrscheinlich über 2 Wochen. Stundenlang haben wir diskutiert- bei manchen Dingen waren wir uns ja auch einig, dass dieses und jenes schlicht und ergreifend einfach scheiße aussieht. Aber vieles fand ausschließlich Jule doof, und ich hab Ewigkeiten damit verbracht, zu versuchen, es ihr recht zu machen. Entweder mit Überedungsversuchen wie „fällt doch gar nicht auf“ oder mit Gegenvorschlägen wie „guck mal da, das ist zwar nicht so schön rosa, aber dafür wirklich hammermäßig designt“. Bei WordPress gibt es ja immer so ein Grunddesign und dann personalisierte Anpassungsmöglichkeiten. Diese persönlichen Anpassungen hat sie dann meistens allein gemacht. Die saß dann dort immer stundenlang dran und wenn sie mir erzählte, was sie alles gemacht hatte, hörte sich das dann immer ungefähr so an:
Jule: Ja, ich hab jetzt doch das Grunddesign geändert, weil die Schriftart sah einfach schrecklich aus.
r1: Warum sah die denn doof aus?
Jule: Die sieht halt scheiße aus, deswegen hab ICH die jetzt geändert.
r1: Aha.
Jule: Und ich hab da dieses eine Grün da eine halbe Helligkeitsstufe erhöht, das sieht jetzt viel besser aus.
r1: Soso.
Jule: Du wirst BEGEISTERT sein, so ein tolles Grunddesign hast du in deinem ganzen LEBEN noch nicht gesehen, jetzt stell dich nicht so an, wir haben sogar dieses tolle Teil und jene Superfunktion und…
r1: …
Auch toll ist Jules Sprach- und Schreibstil, der manchmal etwas… erhaben ist. Vielleicht wisst ihr was ich meine, wenn ihr ihre Artikel lest. Aber einer ihrer Ausdrücke hat es mir besonders angetan. Als wir nämlich eine Besprechung hatten und die Redaktion gerade über ein sehr interessantes Thema diskutierte, meinte Jule Folgendes: „Ja, aber das hat jetzt erstmal niedere Priorität“. Falls ich jemals in eine Führungsposition komme, werde ich diesen Ausdruck mit Freuden verwenden, denn mit solch niedrigen Angelegenheiten muss man sich ja auch nicht beschäftigen, man hat ja hohe Standarts und deshalb setzt man ja auch nicht solch niedere Prioritäten. Etwas bösartig (gerade deshalb gefällt er mir besonders gut), aber das meinen Jule und wahrscheinlich auch ich natürlich nicht böse.
Ich bin froh, dass du die Chefredakteurin bist, denn wenn du nicht diese utopische „Wir machen das wie ein Hochglanzmagazin und das soll alles so und so werden“-Vision hättest, wären wir noch lange nicht dort, wo wir jetzt sind.
Und noch was Tolles: am 3. 2020 hatten wir unsere erste Ausgabe, das heißt wir dürfen nun mit Stolz verkünden: wir sind ein Jahr alt.
P.S.: Nein, Jule, in meiner neuen KüchenKolumne geht es nicht nur um Küchen, sondern um abstruse, verückte und lächerliche Themen, die trotzdem amüsant sein können, und genau das spiegelt der Titel wieder, denn er ist abstruse, verückt, banal, bescheuert und lächerlich, aber gerade deshalb ein wenig lustig.
Anmerkung an Jule: Ich hab jeztt nicht noch einen artikel geschrieben, weil ich den nochmal schreiben musste, weil ich ihn gelöscht hatte, den titel kannst du gerne nochmal ändern, die rechtschreibung ist eine katerstrophe (sorry), ich weiß nicht ob ich morgen nochmal schaffe was schreiben ( wenn ja entweder noch einen zweiten oder den zuende weill er etwas kurtz und nicht so flüssig ist) weill es echt spät geworden ist. Meine Kündigung schreibe ich die ganz bestimmt spätestends gelich morgen Gute nacht.
Quellen:
- Beitragsbild: https://www.pexels.com/de-de/foto/anmerkungen-an-bord-3782140/