Sobjektiv
Von der ehemaligen stellv. Chefredakteurin Lilou
Was machst du, wenn du deinen Chef verklagen willst? Du besorgst dir einen Anwalt.
Was machst du, wenn du festgenommen wirst? Du besorgst dir einen Anwalt.
Was machst du, wenn du dich scheiden lässt? Du besorgst dir einen Anwalt.
Selbst wenn du dir nicht sicher bist, ob du einen brauchst, fragst du einen Anwalt.
Du verstehst: ohne Anwalt wärst du im Leben ganz schön aufgeschmissen. Jedes Mal, wenn du vor Gericht gehst oder einen Vertrag verfassen willst, musst du drei Stunden recherchieren, um zu wissen, was du tun musst – um dann Stunden später an dessen Ausführung zu scheitern. Natürlich brauchst du nicht für jede Kleinigkeit einen Anwalt. Allerdings ist es dir wahrscheinlich lieber, einen Experten bei dir zu haben, wenn du wegen Einbruchs angeklagt wirst.
Solche Anwälte, die dich vertreten, heißen Rechtsanwälte. Sie arbeiten in Kanzleien und können sich auch auf bestimmte Themen spezialisieren, zum Beispiel: Steuerrecht, Erbrecht, Asylrecht oder Arbeitsrecht. Jeder in Deutschland hat das Recht auf einen Anwalt, der sogar im Zweifel vom Staat bezahlt wird.
Es gibt auch Staatsanwälte, die vor Gericht den Staat vertreten, zum Beispiel, wenn du deinen Bahnfahrschein fälschst und vom Staat angeklagt wirst.
Um Anwalt zu werden, brauchst du zunächst dein Abitur und die nötige Motivation sowie einige Fähigkeiten. Dazu habe ich die Anwältin Kristin Pietrzyk aus Jena befragt. Ihre Aussage war: „Generell glaube ich, dass die Motivation, Recht zu studieren auch oft daher kommt, dass man relativ lukrative Jobs bekommen kann.“ Außerdem sind oftmals ein gutes Allgemeinwissen, der Wille, sich viel weiterzubilden, eine hohe Frusttoleranz und gutes Zuhören wichtige Fähigkeiten.
Die Ausbildung zum Volljuristen teilt sich in ein 5jähriges Studium und ein 2jähriges Referendariat (Vorbereitungszeit). Am Ende der beiden Teile muss man jeweils eine Prüfung schreiben (Staatsexamen). Nachdem man diese bestanden hat, kann man als Anwalt tätig werden.
Vollständiges Interview mit Kristin Pietrzyk (subjektiv):
„Warum bist du Anwalt geworden und was sind typische Motivationen, Anwalt zu werden?“
„Das ist gar nicht so leicht zu beantworten, weil ich nicht weiß, ob ich das heute noch so wirklich nachvollziehen kann. In meiner heutigen Erinnerung fiel die Entscheidung, weil ich gern etwas machen wollte, in dem ich meine Ansichten durchsetzen kann. Ich hatte schon immer gern Recht und habe mich schon immer gern mit Politik beschäftigt – und nichts ist politischer, die das Leben von Menschen zutiefst beeinflussen.
Generell glaube ich, dass die Motivation, Recht zu studieren, auch daher kommt, dass man relativ lukrative Jobs bekommen kann.“
„Was hat dich überrascht?“
„Dass meine Berufsausübung so rein gar nicht mit dem zu tun hat, was ich an der Uni gelernt habe.“
„Was für Fähigkeiten braucht man als Anwalt?“
„Das kommt darauf an, was genau man als Anwalt macht. Zuhören ist sicherlich von Vorteil. In vielen Rechtsgebieten, wie zum Beispiel Asyl- und Migrationsrecht braucht man ein gutes Allgemeinwissen, den Willen, sich ganz viel weiterzubilden und eine hohe Frustrationstoleranz.“
„Wie sieht der Alltag aus?“
„Ich glaube, mein Alltag ist nicht ganz repräsentativ, aber ich verbringe ganz viel Zeit im Zug und pendle zwischen mehreren langen Verfahren in Hamburg und Dresden und meinem Büro in Jena. Ich bin fast jeden Tag im Gerichtssaal. Dort geht es aber oft weniger aufregend zu, wie man es aus den Serien im Fernsehen kennt. Spannend ist es aber immer.“
„Ist der Beruf abwechslungsreich?“
„Total. Man macht eigentlich jeden Tag etwas anderes. Zusammen mit anderen KollegInnen und MandantInnen. Und oft passieren überraschende Dinge. Langweilig war es noch nie.“
„Wie würdest du den Beruf beschreiben?“
„Den Besten, den es gibt. Das liegt aber daran, dass das, was ich tue, mir Spaß macht.“
„Was sind die Vor- und Nachteile im Beruf?“
„Ich lerne jeden Tag neue Dinge und Menschen kennen und kann mich streiten. Ich streite mich gern, weil ich mich gerne mit Menschen und deren Sicht auf die Dinge auseinandersetze. Da ich aber oft Menschen vertrete, die nicht zur Mehrheitsgesellschaft gehören, zum Beispiel Geflüchtete, Menschen, denen Strafen vorgeworfen werden oder die Opfer von rechten Übergriffen werden, gibt mein Beruf mir das Gefühl, etwas dazu beitragen zu können, dass unsere Gesellschaft Minderheiten und deren Rechte ernstnehmen muss. Das sehe ich als Vorteil. Der Nachteil ist natürlich, dass zumindest ich nicht so viel Zeit zu Hause mit meiner Familie und Freunden verbringen kann, weil ich so oft unterwegs bin.“
Quellen:
Kristin Pietrzyk
https://www.bachelor-studium.net/jura-studium (16.02.2020)
https://in-ihrem-namen.de/berufe-in-der-justiz/was-macht-ein-staatsanwalt/ (16.02.2020)
http://studiberatung.com/was-macht-ein-rechtsanwalt/ (16.02.2020)
Das Beitragsbild „Justice“ von ChambreLux ist lizensiert unter einer CC BY-ND 2.0 Lizenz